Rechtswidrige Genehmigung für den Containerhafen Swinemünde: MV muss sich für ein ordnungsgemäßes Verfahren einsetzen

Zu der von der polnischen Regionaldirektion für Umweltschutz (RDOS) veröffentlichen Bekanntmachung zur Genehmigung des Containerhafens in Swinemünde äußern sich die Europaabgeordnete Dr. Hannah Neumann und Jutta Wegner, wirtschaftspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern, wie folgt:

EU-Abgeordnete Dr. Hannah Neumann sagt: „Die vorschnelle Genehmigung des Containerhafens ist rechtswidrig und zeigt leider erneut, wie egal der PiS die zu erwartenden Umweltschäden sind. Ich hoffe, dass das Wahlergebnis von gestern eine Chance für einen Neuanfang in der Grenzregion und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist.

Im laufenden grenzüberschreitenden Verfahren zum Containerhafen Swinemünde befinden wir uns eigentlich noch mitten im gesetzlich vorgeschriebenen Konsultationsprozess. Statt dessen Ende abzuwarten und Einsprüche zu prüfen, hat die polnische PiS-Regierung nun noch schnell vor den Wahlen Fakten geschaffen. Umso zynischer, dass in dem nun vorliegenden Umweltbescheid die Rede davon ist, dass die Entscheidung unter Berücksichtigung des grenzüberschreitenden Verfahrens getroffen wurde. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern wartet nämlich immer noch auf ergänzende Unterlagen und Übersetzungen, die eine abschließende Bewertung und Stellungnahme überhaupt erst möglich machen würden.

Leider hat ein derartiges Vorgehen unter der polnischen PiS-Regierung System, mit drastischen Folgen für die Natur und damit auch den Tourismus. Auch an der Oder hat die Regierung ihre Infrastrukturprojekte ohne Rücksicht auf die Natur und gültige Rechtsprechung durchgedrückt – deswegen hat die Weltbank jetzt auch Teile der Ko-Finanzierung gestrichen. Dass nun auch beim Containerhafen so offensichtlich europäisches Umweltrecht und geltende deutsch-polnische Verträge missachtet werden, zerstört weiteres Vertrauen in eine gute Zusammenarbeit: Dabei wäre das für die Region so wichtig.

Die PiS hat nun zum wiederholten Male bewiesen, wie wenig ihr Rechtsstaatlichkeit und Vertrauensbildung wert ist. Ich hoffe, dass das Wahlergebnis von gestern eine Chance für einen Neuanfang in der Grenzregion und ein vertrauensvolles Miteinander bietet. Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung wäre die Revision des rechtswidrigen Umweltbescheids durch die neue polnische Regierung und der Abschluss eines ordnungsgemäßen grenzübergreifenden UVP-Verfahrens.“

Jutta Wegner, Landtagsabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecherin, ergänzt:

„Mit diesem rechtswidrigen Umweltbescheid wird die Landesregierung von der polnischen Seite regelrecht vorgeführt. Das darf sie nicht auf sich beruhen lassen. Stattdessen muss die Landesregierung nun alle Möglichkeiten nutzen, um ein rechtmäßiges grenzüberschreitendes Verfahren im Sinne der deutsch-polnischen Vereinbarung über Umweltprüfungen durchzusetzen. Bislang hat die bisherige PiS-Regierung nur Teile des Projekts einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen lassen. Die see- und landseitigen Auswirkungen auf die Natura-2000-Schutzgebiete, die durch den Bau der Fahrrinne und den künftigen Schiffsverkehr entstehen würden, sind bislang kein Bestandteil der Untersuchungen gewesen. Das muss zwingend nachgeholt werden.

Daher muss Rot-Rot ohne Zögern die gesetzliche Einspruchsfrist wahrnehmen und sämtliche juristischen Maßnahmen ausloten, um dem rechtswidrigen Verhalten der PiS-Regierung Einhalt zu gebieten. Das Bundesumweltministerium kann hier ein starker Partner sein, um ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen.

Bis heute hat die polnische Seite die Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit des Mega-Projekts Containerhafen nicht belegt. Angesichts der potenziellen Schäden, die der Natur und dem Tourismus grenzüberschreitend drohen, darf die Landesregierung nichts unversucht lassen, um dieses Vorhaben in seiner Dimension zu stoppen.“


Hintergrund:

Im Juli 2023 wurde ein 30-jähriger Vorvertrag zwischen der Szczecin and Świnoujście Seaports Authority SA und einem belgisch-katarischen Konsortium über den Bau und Betrieb des Containerhafens im Außenhafen von Swinemünde geschlossen.

Die davon betroffenen Natura-2000-Gebiete stehen durch verschiedene europäische Richtlinien unter besonderem Schutz. Aufbauend auf dem Espoo-Übereinkommen von 1991 sind betroffene Nachbarstaaten vor Zulassung eines Projekts im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu beteiligen, wenn anzunehmen ist, dass das Projekt grenzüberschreitende Umweltauswirkungen haben kann.

Beim laufenden grenzüberschreitenden UVP-Verfahren wurde der Landesregierung MV im Rahmen der Konsultationsgespräche vom 20. September 2023 zugesagt, dass noch verschiedene Dokumente nachgereicht würden; so z.B. die Pläne zur veränderten Zufahrtsrinne, die bis heute noch nicht veröffentlicht wurden.

Zudem wurde der deutschen Seite eine Frist bis zum 20. Oktober 2023 für die Übermittlung des gegengezeichneten Protokolls eingeräumt, ohne das kein abgestimmtes Ergebnis des grenzüberschreitenden Verfahrens existiert. Ungeachtet dieser offenen Punkte hat die polnischen Regionaldirektion für Umweltschutz (RDOS) der Seehafenverwaltung Stettin und Swinemünde am 10. Oktober 2023 den Umweltbescheid ausgestellt. Die Bekanntmachung findet sich hier.

Zur angeblichen EU-Förderung des Fahrrinne hat MdEP Neumann am 12. September 2023 eine dringende schriftliche Frage an die Europäische Kommission gestellt.

Im März 2022 hat sie gemeinsam mit MdEP Helmut Scholz eine Studie zu den Umweltauswirkungen des Containerhafens veröffentlicht.

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