Reden

Meine Reden im Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Start-Up-Land Mecklenburg-Vorpommern entfesseln

18. Mai 2022 Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

Zweifelsohne sind Gründungen ein wichtiger Baustein in der wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes, wie es im ersten Satz dieses Antrags heißt. Der anschließend vorgebrachte Hinweis, wonach Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich der Zahl der Unternehmensgründungen auf Platz 15 von 16 Bundesländern liegt, und der so im KfW-Gründungsmonitor 2021 nachzulesen ist, sollte Ansporn für Verbesserungen sein.

 Bei aller Ambition dürfen aber auch die Gründe für die vermeintlich schlechte Platzierung unseres Landes nicht außer Acht gelassen werden, und auch die kann man an gleicher Stelle im KfW-Gründungsmonitor 2021 nachlesen. Zum einen sind Gründungstätigkeiten in Ballungsräumen in aller Regel höher. Entsprechend wundert es nicht, dass nach den Stadtstaaten Berlin und Hamburg vor allem die westdeutschen Flächenländer im Ranking zu finden sind, da diese sich durch eine wesentlich höhere Verdichtung kennzeichnen.

Zum anderen wird im KfW-Gründungsmonitor angemerkt, dass auch eine ältere Bevölkerungsstruktur negativ auf das Gründungsgeschehen wirkt, da die Gründungsneigung im Alter tendenziell zurückgeht. Da wir in Mecklenburg-Vorpommern im Prinzip keine Ballungsräume und zugleich eine vergleichsweise alte Bevölkerung haben, ist die vorletzte Platzierung von MV im Ranking der Bundesländer weder überraschend noch zwingend negativ zu bewerten, sondern zunächst einmal Ausdruck der Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur in unserem Land – und beides lässt sich, wie wir alle wissen, nicht von jetzt auf gleich verändern.

Auch ist nicht die reine Anzahl der Pro-Kopf-Gründungen unbedingt entscheidend, sondern die Zahl der erfolgreichen Gründungen, die wir im Land haben. Denn die reine Zahl an Gründungen sagt nichts über den wirtschaftlichen Erfolg und die Zahl der Arbeitsplätze aus, die im Zuge einer Unternehmensgründung gegebenenfalls entstehen. Was nützt es, wenn wir im Land z.B. in diesem Jahr doppelt so viele Gründungen wie in 2021 hätten, aber keines dieser Unternehmen 3 Jahre später noch existiert?

Neben der reinen Zahl der Gründungen sollte also vor allem die Erfolgsquote in den Blick genommen werden. Und genau hier kann man ansetzen, indem man versucht, bestmögliche Voraussetzungen für potenzielle Gründerinnen und Gründer zu schaffen und auf diesem Wege die Zahl der wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmensgründungen zu erhöhen.

Damit in Mecklenburg-Vorpommern möglichst viele Unternehmensgründungen erfolgreich sind, sind entsprechende Voraussetzungen und Strukturen hilfreich. Die im Antrag formulierten Forderungen gehen dabei grundsätzlich in die richtige Richtung. Beispielsweise kann die Einführung eines Gründungssemesters an den Hochschulen des Landes jungen Menschen sicherlich dabei helfen, Studium und Unternehmensgründung besser zu vereinbaren und den Fokus nicht auf beide Dinge gleichzeitig richten zu müssen. Der Verwaltungsaufwand hier ist gering und dürfte kaum höher sein als bei der Beantragung eines Urlaubssemesters. Auch die im Antrag geforderte Erhöhung und Flexibilisierung des Gründerstipendiums ist  sinnvoll.

Ob es dagegen wirklich einen Gründungsbeirat am Wirtschaftsministerium braucht, ist zumindest mal fraglich. Ebenso stellt sich die Frage, welchen Mehrwert ein jährlicher Gründungs- und Start-Up-Bericht hat. Das dafür notwendige Geld sollte man dann doch lieber für die Unterstützung der potenziellen Gründerinnen und Gründer ausgeben als für die Berichterstattung darüber.

Wie im Antrag der FDP ja selbst formuliert wurde, stellt das Land Mecklenburg-Vorpommern schon viele Möglichkeiten zur Finanzierung von Gründungsvorhaben zur Verfügung. Von daher ist die Frage aufzuwerfen, ob eine zusätzliche Förderung von Gründungsvorhaben wirklich ganz oben auf der Dringlichkeitsliste steht – oder ob nicht in anderen Bereichen mehr Notwendigkeit besteht, vonseiten des Landes – auch finanziell – zu unterstützen. Hier ist beispielsweise an die Unterstützung bei Unternehmensnachfolgen zu denken. Wie sie alle wissen, ist dies ein ernstes Problem in unserem Land. Wenn es gelingt, Nachfolger oder Nachfolgerinnen für Unternehmen zu finden, sei es im landwirtschaftlichen Bereich oder im Handwerk, dann werden dadurch bereits etablierte Betriebe und Strukturen erhalten und somit auch Arbeitsplätze für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unseres Landes.

Und dennoch: Auch die Gründung von Unternehmen sollte gefördert werden, da Start-Ups wichtige Innovationstreiber darstellen können und neue, gute Ideen für unser Land entwickeln und vorantreiben. Und nicht nur das: Vorausgesetzt das Geschäftsmodell ist erfolgreich, dann können Unternehmensgründungen auch attraktive Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern schaffen. Das Land kann hier, neben der finanziellen Unterstützung, vor allem mit der Schaffung der notwendigen Strukturen, etwa an den Hochschulen und Universitäten des Landes, seinen Teil zu einer aktiven Gründungskultur in MV beitragen. Der Antrag der FDP geht hier in die richtige Richtung.

Bei allem Eifer für Start-ups müssen wir auch an die Unternehmer*innen denken, die händeringend Nachfolgerinnen oder Nachfolger für ihr Unternehmen suchen. Neben der Schaffung neuer Arbeitsplätze durch die Förderung von Unternehmensgründungen sollte die Sicherung von bestehenden Arbeitsplätzen durch Unterstützung bei Unternehmensnachfolgen nicht aus den Augen verloren werden. Denn der wirtschaftliche Erfolg unseres Bundeslandes hängt nicht nur von der Zahl der Gründungen ab, sondern mindestens zu gleichen Teilen davon, wie gut es uns gelingt, den oftmals schwierigen und langwierigen Prozess der Unternehmensnachfolge erfolgreich zu gestalten.

Das eine tun, ohne das andere zu lassen! Meine Fraktion wird dem Antrag zustimmen.

Umfangreiche Standortanalyse in Auftrag geben- Investoren mit Stärken überzeugen, Schwächen ausbessern

19. Mai 2022 Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

Das Ansinnen, den Standort Mecklenburg-Vorpommern weiter nach vorne zu bringen und unser Land wirtschaftlich zu stärken, ist selbstverständlich zu unterstützen. Eine kluge Standortvermarktung, die die Vorteile unseres Landes hervorhebt und offensiv bewirbt sowie eine zielgerichtete Standortpolitik, die versucht, die Schwächen/Nachteile so gut es geht zu beheben, sind zweifelsohne wichtige Bausteine für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes.

Aber, meine Damen und Herren, die Frage, die sich beim Lesen des Antrages unweigerlich stellt, ist: Brauchen wir dazu wirklich ein teures Gutachten von externer Seite?

Erstens denke ich, dass allgemein bekannt ist, was die Stärken und die Schwächen unseres Bundeslandes – sowohl im nationalen als auch im internationalen Vergleich – sind. Wir haben in diesem Punkt – wie in vielen anderen Bereichen auch – kein Erkenntnisproblem, sondern allenfalls ein Umsetzungsproblem.

Wie sich die Situation hinsichtlich der harten und weichen Standortfaktoren im Land darstellt und wo evtl. Nachbesserungsbedarf besteht, sollte sich – sofern nicht ohnehin schon bekannt – auch durch im Land bereits vorliegende Expertise klären lassen. Ich glaube, dazu benötigen wir kein Gutachten von externer Seite. Zu solchen Analysen sind wir auch selbst in der Lage!

Zweitens wird im Antrag der AfD unter anderem gefordert, das Wirtschaftsgeschehen und die Infrastruktur solle einer Prüfung und einem Vergleich mit anderen Regionen unterzogen werden, um Empfehlungen für eine effektivere Standortpolitik zu erhalten.

Selbstverständlich kann es nicht schaden, hin und wieder über den eigenen Tellerrand zu schauen und sich bei anderen Akteuren das Eine oder Andere abzugucken und Erfolgsstrategien zu übernehmen. Das steht außer Frage. Best-Practice-Beispiele als Orientierung zu nutzen, ist nie verkehrt.

Gleichzeitig sollte aber bedacht werden, dass Vergleiche mit anderen Regionen oder gar Ländern nicht unproblematisch sind. Denn Erfolgsfaktoren lassen sich nicht 1 zu 1 kopieren und sind selten verallgemeinerbar. Der Erfolg in anderen Regionen ist in aller Regel ein Zusammenspiel aus unterschiedlichsten Faktoren. Die Übertragung dieser Faktoren auf Mecklenburg-Vorpommern, unterstellt, das ließe sich einfach mal eben realisieren, sorgt aber nicht automatisch für perfekte Standortbedingungen im Land. Aufgrund der speziellen Gegebenheiten in MV – etwa hinsichtlich der Siedlungsstruktur oder der Bevölkerungsdichte – sind Empfehlungen, die für andere Regionen unter Umständen erfolgversprechend sind, nicht unbedingt der beste Weg für Mecklenburg-Vorpommern.

Stattdessen müssen eigenständige, passgenau Strategien entwickelt und individuelle, zielgerichtete Lösungen für unser Land gefunden werden, um die allseits bekannten Standortprobleme in unserem Land zu beseitigen – beispielhaft sei auf die nach wie vor unterdurchschnittliche Abdeckung mit schnellem Internet verwiesen [hier ggf. noch mehr aufzählen?] – und auf diesem Wege den Standort MV attraktiver zu machen.

Geld für ein Gutachten auszugeben, das uns [mit hoher Wahrscheinlichkeit] Ergebnisse liefern dürfte, die im Grunde schon bekannt sind, halten wir für wenig zielführend.

Lebensqualität und sozialen Zusammenhalt im ländlichen Raum stärken-kleine Gastronomiebetriebe unterstützen

19. Mai 2022 Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren,

der von den Fraktionen DIE LINKE und SPD eingebrachte Antrag

Lebensqualität und sozialen Zusammenhalt im ländlichen Raum stärken – kleine Gastronomiebetriebe unterstützen

hört sich beim ersten Lesen tatsächlich gut an. Ein Treffpunkt im Ort, die soziale Seele sozusagen – wer wünschte sich das nicht? Ich bin in einem Dorf mit 320 Seelen groß geworden, in dem es 2 Kneipen, einen Kaufmannsladen, eine alte Schule, neben der Feuerwehr noch vier weitere Vereine gab. Der Antrag erinnert mich an das Gemeinschaftsgefühl meiner Kindheit. Die sozialen Strukturen im ländlichen Raum zu stärken ist ein wichtiges Anliegen, diese Orte des Zusammenkommens braucht es, man kann ja nicht immer beim Nachbarn auf dem Sofa hocken.

Und ja natürlich, eine bestehende Gaststätte im Ort zu unterstützen ist auf jeden Fall günstiger, als wenn wir Dorfgemeinschaftshäuser fördern, die seelenlos bleiben, die nur schwer oder gar nicht mit Leben gefüllt werden, weil am Bedarf vorbei geplant.

Aber, liebe Regierungskoalition, um das zu erreichen, wollt ihr, dass wir hier beschließen, dass die Landesregierung Gaststätten über eine EU-Förderung informiert? Im Ernst? Die Landesregierung braucht vom Parlament eine Anweisung, über bestehende Förderrichtlinien zu informieren? Wie oft erzählt ihr uns hier im Landtag, dass wir der Landesregierung nicht erzählen müssen, was sie zu tun hat? Anträge werden abgewiesen, weil die Landesregierung das doch schon alles in wunderbarer Weise tut?

Ja, bitte, warum braucht es dann diesen Antrag? Ich glaube, man nennt es Schaufensterantrag! Man könnte auch sagen, wenn ein solcher Antrag der Regierungsfraktionen hier heute beschlossen werden soll, dann fehlt es an Verantwortungsübernahme und Gestaltungswillen durch die Regierung!

Aber jetzt mal zum eigentlichen Kern dieses Antrages! Was soll er erreichen?

Das Gute Leben auf dem Land fördern, Orte des Zusammenhalts haben, den ländlichen Raum fördern – Da bin ich doch dabei!

Wo die Dorfkneipe zugemacht hat, kein Lebensmittelgeschäft mehr ist, Arbeit mit langen Pendelstrecken verbunden ist und die jungen Menschen schon lange fort sind, da wird das Leben still.

An Orten ohne Angebote für Geselligkeit fehlt oft das Gefühl des Zusammenhalts. Ohne Austausch sinkt das Interesse an der Gemeinschaft. Einsamkeit, auch Wut und Frust können entstehen. Problematisch wird es, wenn das zu einer undemokratischen Haltung führt, gut, wenn es Strategien gibt, der Isolation zu begegnen!

Dort, wo Menschen zwanglos zusammenkommen, kann Gemeinschaft entstehen und zusammenwachsen. Gemeinsam entstehen Ideen, die gemeinsam angepackt und umgesetzt werden, wird Verantwortung übernommen und nicht abgegeben.

Sind aber allein Gaststätten Orte der Begegnung? Reicht es aus, eine Gaststätte zu fördern, damit sie nicht verschwindet? Wie sehen die tatsächlichen Zahlen aus? Machen wir uns ehrlich, manchmal gibt es auch Gründe, warum etwas verschwindet! Wie viele Gaststätten in Orten unter 2.000 EW sind tatsächlich vom Aussterben bedroht? Und woran liegt es, dass eine Gaststätte nicht angenommen wird? Ist es wirklich der alte Tresen oder die nicht neuwertige Einrichtung?

Wenn es also darum geht, die ländliche Entwicklung zu fördern, dann geht es doch um mehr!

Das Land Baden-Württemberg – und ja, da sind die finanziellen Möglichkeiten besser, ich weiß – hat seit vielen Jahren ein Förderprogramm, das Entwicklungsprogramm ländlicher Raum, und damit einen umfassenden Ansatz für die Entwicklung der ländlichen Räume gefunden. In einer Sonderlinie wird dort seit 2022 die breite Grundversorgung im ländlichen Raum gefördert. Dort geht es also um alles, was zur Grundversorgung gehört, also z.B. auch Einzelhandel und Handwerk – und auch um die Unterstützung von Gaststätten.

Und das ist auch gut so, weil der ländliche Raum und vor allem das soziale Miteinander so viel mehr ist als eine Kneipe! Nicht jede*r kann und will für Gesellschaft in eine Gaststätte gehen, weil dort z.B. Verzehrzwang herrscht, die Musik zu laut und das Licht zu fahl für ein gemütliches Gespräch. Armut ist nur ein Grund, nicht in eine Kneipe zu gehen! Es braucht also auch Non-Profit Angebote, Treffmöglichkeiten auch für den kleinen Geldbeutel. Kommunikation findet auch beim Einkaufen statt, deshalb braucht es auch Dorfläden, vielleicht auch kleine medizinische Zentren und vieles andere mehr. Vor allem braucht es aber eine Dorfgesellschaft, in der sich Menschen verantwortlich fühlen, die gemeinsam das Dorfleben gestalten.

Ich hätte mir gewünscht, dass diese Antrag einen weiteren Blick auf die Situation im ländlichen Raum genommen hätte und nicht nur Gaststätten auf die Möglichkeiten der Förderung aus europäischen Mitteln aufmerksam gemacht werden sollen, sondern auch Menschen angesprochen werden, die mit vielfältigen Initiativen auch und gerade auf diese Unterstützung angewiesen sind, die vielen soziokulturellen Initiativen, mit denen Theater, Kino und Konzerte auch im ländlichen Raum Wirklichkeit werden, Bäcker, Friseure und andere Handwerker, Dorfläden und vieles mehr, die das Leben im Dorf zu einer starken Gemeinschaft machen.

Dabei schätze ich die Arbeit der vielen Gastwirte durchaus wert, mancherorts gäbe es keine Schulverpflegung oder Versorgung in der Kita, regionale Vereine hätten keinen Treffpunkt und Familienfeiern wären auch nur unter erschwerten Bedingungen stattfinden. Aber dieser Antrag ist dennoch viel zu dünn, als dass ich meiner Fraktion empfehlen könnte ihm zuzustimmen, wir werden uns enthalten.

IT-Sicherheit der Kommunen verbessern

20. Mai 2022 Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

Die rasch fortschreitende Digitalisierung in nahezu allen Lebensbereichen ist allgegenwärtig. Von der Fertigung in den Fabriken, über das alltägliche Einkaufen bis hin zur Verwaltung in unseren Städten und auf kommunaler Ebene: Überall sind viele Dinge, die vorher noch vor Ort, von Menschen oder auf Papier durchgeführt wurden, in den digitalen Raum gewandert. Den zweifelsohne vorhandenen Vorteilen dieser Entwicklung stehen aber auch einige Nachteile gegenüber.

Einer dieser Nachteile wurde von der CDU in ihrem Antrag

IT-Sicherheit der Kommunen verbessern, aufgegriffen.

Und zwar das Thema Sicherheit.

Mit steigender Digitalisierung erhöht sich leider auch die Angriffsfläche für Cyber-Attacken. Dies haben wir im vergangenen Jahr in Mecklenburg-Vorpommern selbst zu spüren bekommen, als u.a. die Schweriner Stadtverwaltung Ziel einer Cyber-Attacke wurde.

Und wenn z.B. Krankenhäuser das Ziel von Hackerangriffen werden – wie etwa die Uniklinik Düsseldorf im September 2020 – oder Institutionen der Daseinsvorsorge wie Wasserwerke oder Energieversorger ins Visier von Hackern geraten, dann sind die Folgen unter Umständen noch gravierender und können, wie im Antrag ebenfalls festgestellt, sogar Leib und Leben gefährden.

Aber auch Kommunalverwaltungen sind fraglos kritische Infrastrukturen, die es zu schützen gilt. Denn „Betreiber kritischer Infrastrukturen sind genauso lukrative Angriffsziele für Cyber-Attacken wie andere Unternehmen auch, besitzen jedoch ein besonders hohes Schadenspotenzial in Bezug auf die Gesellschaft“ – wie auf der Homepage des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik zu lesen ist.

Und genau aus diesem Grund ist es richtig und wichtig, dieses Thema heute auf der Tagesordnung zu haben und darüber zu diskutieren. Auch wenn die Bedrohungslage eigentlich nicht neu, sondern seit Längerem bekannt ist.

Die Dringlichkeit der Thematik hat auch die Sachverständigenanhörung im Innenausschuss vom 31. März 2022 gezeigt. Die Ausführungen der geladenen Sachverständigen ließen teils tief blicken. Insbesondere die Ausführungen von Herrn Roggensack, seines Zeichens seit 30 Jahren professioneller Hacker, verdeutlichten eindrucksvoll, wie schlecht es um die IT-Sicherheit in den Städten und Kommunen in MV teilweise bestellt ist.

Mit Blick auf den Antrag der CDU ist vor diesem Hintergrund zu sagen, dass dieser wichtige und gute Ansätze enthält.

Die Forderung, „die Kommunen zu unterstützen, ein zentrales kommunales Lagezentrum als Warn- und Informationsdienstleister aufzubauen, damit flächendeckend eine standardisierte, auf die Anforderungen der Kommunen abgestimmte Informationstechnik und -sicherheit, etabliert werden kann“ oder die Forderung, das CERT (Computer Emergency Response Team) in Mecklenburg-Vorpommern personell und finanziell besser auszustatten, gehen z.B. in die richtige Richtung.

Warum lediglich „die als besonders schützenswert zu definierenden digitalen Infrastrukturen der Kommunalverwaltungen“ perspektivisch als kritische Infrastrukturen (KRITIS) klassifiziert werden sollen und nicht die gesamte Verwaltung inklusive des Landes, ist dagegen nicht ganz schlüssig.

Unseres Erachtens ist es zunächst einmal wichtig, ein Bewusstsein für die Gefährdungslage zu schaffen. Wichtig ist konkret eine Sensibilisierung der Behördenleiter*innen und des Personals vor Ort in den Verwaltungen. Das kann z.B. in einem ersten Schritt schon helfen, dass künftig der Zugang zu Server- oder Druckerräumen in den Verwaltungen für Externe – und damit für Hacker – nicht mehr so problemlos möglich ist, wie das laut Schilderungen in der Sachverständigenanhörung offenbar teils noch der Fall ist.

Weiterhin bedarf es einer Definition von Zielen und Strategien, denn eine klare IT-Sicherheitsstrategie des Landes gibt es nicht und ohne Ziele oder Strategien drohen zusätzliche Gelder zu verpuffen. Mehr Geld = Mehr Sicherheit ist eine Gleichung, die nicht unbedingt aufgeht. Gerade, wenn eine übergeordnete Strategie oder das entsprechende Personal fehlt. Um Letzteres zu vermeiden, ist dafür Sorge zu tragen, dass die Attraktivität von Stellen für die Informationssicherheit – gerade in der Verwaltung und gerade bei jungen Leuten – deutlich gesteigert wird, und das nicht nur finanziell. Darüber hinaus sind regelmäßige Weiterbildungen und Schulungen der Systemadministratoren in den Verwaltungen elementar, um hier die Kompetenzen im Bereich IT-Sicherheit weiter zu verbessern und vor allem auf dem neusten Stand zu halten. Die angesprochene Anhörung im Innenausschuss zeigte, dass es auch in diesem Bereich erhebliches Verbesserungspotenzial gibt.

Zentral ist insgesamt, dass wir nicht versuchen, überall nur die Lücken zu stopfen, sondern grundlegende Änderungen in Angriff nehmen und eine einheitliche, standardisierte Verwaltungs- und Sicherheitsstruktur im Land bei allen Kommunen, Verwaltungen, Städten und Ämtern aufbauen und etablieren.

Insofern geht der Antrag der CDU zwar in die richtige Richtung, enthält aber aus unserer Sicht noch Raum für Verbesserungen.

Daher wird sich meine Fraktion enthalten

ÖPNV vor dem Sommerkollaps bewahren – 9-Euro-Ticket nachbessern, Mehrkosten der Betriebe ausgleichen, ÖPNV-Ausbau beschleunigen

20. Mai 2022 Landtag Mecklenburg-Vorpommern

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren,

die Lebenshaltungskosten für die Bürgerinnen und Bürger sind durch Putins Angriffskrieg in der Ukraine und seine Folgen deutlich gestiegen. Die Bundesregierung hat, insbesondere auch für den Mobilitätsbereich, umfassende Erleichterungen beschlossen. Während  sich SPD und FDP auf eine Entlastung beim Spritpreis konzentriert haben, ging uns dieser Ansatz nicht weit genug. Uns ging es um ein Angebot auch für all die aktuellen und zukünftigen Nutzer:innen, die den energieeffizienten ÖPNV nutzen. So ist das 9-Euro-Ticket entstanden. Für neun Euro im Monat sollen im Juni, Juli und August bundesweit Busse und Bahnen genutzt werden können.

Bürgerinnen und Bürger sollen in Zeiten steigender Preise von (Mobilitäts) kosten entlastet werden. Das Sparticket ist also keine verkehrspolitische Maßnahme im klassischen Sinn und auch kein Beitrag zur Verkehrswende, es hilft aber dabei   wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.

Aus der Aktion sollen sich Aktivitäten für die dauerhafte Kundengewinnung ergeben und so den Anteil des ÖPNV erhöhen.

Das ist eine Zeitenwende. Nach Jahren einer vollkommen einseitig auf den Autoverkehr ausgerichteten Verkehrspolitik. Weder SPD noch CDU haben sich in den Großen Koalitionen in Bund und Land nennenswert für die Verkehrswende eingesetzt, obwohl die dringend notwendig ist! Auch der Verkehrssektor muss seinen Beitrag leisten, um der Klimakrise zu begegnen. Die Vogelstraußpolitik bringt uns hier nicht weiter!

Wir wären in der Mobilitätswende schon weiter, wenn nicht jeder Effizienzgewinn in der Antriebstechnik in immer größere und schwerere Autos umgesetzt worden wäre.

Die bundesdeutsche Politik hat sich nicht mit Ruhm bekleckert, als sie für diesen Irrweg immer wieder auch in Brüssel illegitime Vorteile für die Autoindustrie raus geschlagen hat.

Das Ergebnis ist heute, dass wir völlig überdimensionierte PKW auf der Straße haben, die deutsche Autoindustrie die Antriebswende verschlafen hat und der Verkehrssektor in Summe keinen nennenswerten Beitrag zur dringend gebotenen CO₂-Vermeidung geleistet hat. Übrigens auch keinen Beitrag zu einer Senkung des Verbrauchs, heute nehmen die Konzerne ihre Kleinwagenflotten mit niedrigem Verbrauch aus dem Sortiment, weil sie damit zu wenig verdienen.

In all den zurückliegenden Jahren hat es für den ÖPNV ausschließlich Lippenbekenntnisse und warme Worte gegeben.

Deshalb war die Entscheidung jetzt richtig, zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nicht nur einen Tankrabatt zu gewähren, sondern auch den ÖPNV in den Blick zu nehmen. Weder der Bund noch das Land Mecklenburg-Vorpommern haben in den vergangenen Jahren nennenswerte finanzielle Beiträge für eine Verbesserung des ÖPNV geleistet.

Hätten sie das getan, hätten wir jetzt einen umfassend ausgebauten ÖPNV, der von den Bürgerinnen und Bürgern gut und gern genutzt würde, dann würden wir uns alle über das 9-Euro-Ticket freuen, weil wir auch weitere Kundinnen und Kunden von unserem guten Angebot überzeugen könnten.

Die Menschen hätten eine gute Alternative und die Wahl, ob sie sich mit einem preislich wirklich attraktiven ÖPNV oder mit ihrem Auto auf den Weg machen.

Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss in der letzten Woche hat deutlich gezeigt, dass hier im Land die Hausaufgaben noch lange nicht gemacht sind und dass uns vor allem auch weder das Seniorenticket noch der Rufbus signifikant voranbringen. Wir brauchen endlich eine Angebotsoffensive, das haben nahezu alle Experten Ihnen ins Stammbuch geschrieben!

Unsere Aufgabe, und da spreche ich speziell Sie, Herr Meyer, an, ist es jetzt dieses 9-Euro-Ticket auch in Mecklenburg-Vorpommern zu einem Erfolg zu machen! Wir müssen alles daran setzen, dass dieses Ticket in Mecklenburg-Vorpommern positiv besetzt ist, dass die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern gern mit dem ÖPNV unterwegs sind. Es darf nicht passieren, dass Fahrgäste an den Haltestellen stehen bleiben, wie das Wirtschaftsministerium es in einer Aussprache zum Thema im Wirtschaftsausschuss als Möglichkeit angedeutet hat. Wir müssen das Angebot dort verstärken, wo Überlastung droht, besonders an den touristischen Hotspots und auf den Wegen dorthin. Das ist eine gewaltige Herausforderung, weil Material und Personal gerade nicht einfach zu besorgen sind. Der Aufwand wäre aber überschaubar, wenn die Landesregierung nicht die Zeit verschlafen und einen guten ÖPNV hätte. Leider hat die SPD noch immer nicht verstanden, was man tun muss, um einen guten ÖPNV auf Straßen und Schiene zu bringen. 

Deshalb meine eindringliche Bitte an Sie, Herr Meyer, sorgen Sie dafür, dass das klappt und unterstützen Sie die Nahverkehrsunternehmen in ihren Bemühungen.

Und selbstverständlich darf die Einführung des 9-Euro-Tickets nicht auf dem Rücken der Kommunen und Verkehrsgesellschaften ausgetragen werden, stattdessen muss das Land Sorge dafür tragen, dass die erbrachten Leistungen der Unternehmen auch umfassend erstattet werden. Deshalb ist es gut, dass Sie sich um die Aufstockung der Regionalisierungsmittel bemühen, sowohl für die Finanzierung des 9-Euro-Tickets, aber auch für bessere Leistungen im Anschluss an diese 3-monatige Phase. Aber auch das Land trägt Verantwortung für den Erfolg, vor allem aber auch dafür, dass nach dem 9-Euro-Ticket die hinzugewonnenen Fahrgäste auch bleiben und so der erste Schritt zu einer erfolgreichen Mobilitätswende gemacht wird. Und natürlich muss ein erster Schritt hin zu einem Landesverbundnetz und damit einem einheitlichen Ticket im Land endlich gegangen werden. Auch hier wurde der Weg dorthin an der Expert*innenanhörung schon aufgezeigt.

Wir müssen dieses Ticket als Initialzündung verstehen, um den ÖPNV im Land endlich zukunftsfähig aufzustellen, deshalb hilft alles Heulen und Zagen, alle Bedenkenträgerei nicht weiter, machen Sie sich auf den Weg, blockieren Sie dieses wirklich gute Angebot nicht, sondern machen Sie sich an die Arbeit!

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner